VERANTWORTUNG.

Interview Christoph Schröder und Stefan Schmid

VERANTWORTUNG – INTERVIEW | 10.11.2023 | 5 min.

„WERTSCHÄTZUNG UND WERTSCHÖPFUNG GEHEN HAND IN HAND – DAS IST FÜR UNS KEINE FORMEL, SONDERN EIN ERFAHRUNGSWERT.“

Christoph Schröder ist seit 2019 Werkleiter des größten europäischen Produktionsstandorts der BMW Group, Stefan Schmid fungiert seit 2004 als Betriebsratsvorsitzender des Werks Dingolfing. Im Interview erklären sie, was es eigentlich bedeutet, verantwortungsvoll zu wirtschaften und was sich das BMW Group Werk Dingolfing in Sachen Nachhaltigkeit auf die Fahnen geschrieben hat.

 

Herr Schröder, als größter Industriebetrieb und Arbeitgeber der Region – was heißt es da für Sie, Verantwortung zu übernehmen?

C. Schröder: Zunächst einmal, sich bewusst zu machen, was alles an so einem Werk hängt. Es gibt vielfältigste „Anspruchsgruppen“ oder englisch: „stakeholder“, denen wir mit unserem Wirtschaften gerecht werden wollen und müssen.

Da sind unsere Kunden, die innovative BMWs in höchster Qualität wollen. Die BMW Aktionäre, die von uns erwarten, dass wir nachhaltig Wert schaffen, unser Werk gut führen und wettbewerbsfähig hier Autos bauen. Aber auch unsere über 18.000 Mitarbeitenden, unsere Anrainer, die umliegenden Kommunen oder die Gesellschaft in Niederbayern haben zurecht gewisse Erwartungen. Dazu kommen auch noch über 1.000 Lieferanten allein in Niederbayern. Und natürlich gibt es auch eine Verantwortung gegenüber der Umwelt.

Herr Schmid, bei so vielen Erwartungen es allen recht zu machen, scheint schwierig…

S. Schmid: Ja, es gibt manchmal durchaus Dilemma-Situationen. Etwa aktuell bei unseren Planungen für ein neues Batteriemontage-Werk in Niederbayern. Denn: Bauen wir so ein Werk, versiegeln wir notgedrungen Fläche. Gleichwohl ist es für die Verkehrswende hin zur E-Mobilität notwendig – und sowohl aus ökonomischer wie ökologischer Sicht sinnvoll, das Werk in der Nähe unserer bestehenden bayerischen Standorte zu errichten. Wichtig ist eben, dass wir so einen Standort nach hohen ökologischen und sozialen Standards realisieren.

C. Schröder: Mancher Zielkonflikt zwischen Ökonomie und Ökologie löst sich auch auf. Denn natürlich liegt es auch in unserem Interesse, die Umweltauswirklungen unseres Tuns so gering wie möglich zu halten – und Ressourcen, wie etwa Flächen und Energie, so effizient wie möglich einzusetzen. In Dingolfing haben wir beispielsweise über 100.000 Leuchten auf LED umgestellt – das amortisiert sich in kürzester Zeit.

Was tun Sie sonst noch, um Ihren ökologischen Fußabdruck zu verbessern?

C. Schröder: Energieeffizienz habe ich angesprochen. Aber natürlich geht es auch darum, den CO2-Fußabdruck dadurch zu reduzieren, dass wir statt fossiler verstärkt auf regenerative Energieträger setzen. Im Strombereich etwa haben wir im Fremdbezug schon heute 100% Grünstrom – und nicht zuletzt dadurch den CO2-Footprint pro gebautem Fahrzeug seit 2013 um über ein Drittel gesenkt. Jetzt gehen wir die nächsten Schritte im Wärmebereich – etwa durch Power2Heat Lösungen oder durch ein neues Hackschnitzelheizwerk der UP Energiewerke GmbH, das uns ab 2025 bis zu 50% unseres Prozesswärmebedarfs für Heißwasser liefert. Damit werden wir regionaler, regenerativer und resilienter.

Darüber hinaus hat ökologische Nachhaltigkeit an so einem großen Standort natürlich viele weitere Facetten. Bemühungen zur Reduzierung des Wasserverbrauchs oder der Lösemittelemissionen, konsequentes Recycling und Abfallreduzierung, eine CO2 arme Logistik oder unser Pendelbussystem mit über 250 Bussen, die wir täglich im Einsatz haben.

Dazu unternehmen wir viel, um unser 50 Jahre altes und vielfach nachverdichtetes Werk auch sichtbar „grüner“ zu machen und fördern die Biodiversität – etwa durch Gründächer, Fassadenbegrünungen, Biotope oder die Ansiedlung von Bienenvölkern.

Vorhin wurde auch die soziale Verantwortung des Werks Dingolfing angesprochen. Woran machen Sie die fest?

S. Schmid: Vorab vielleicht: Wenn wir über Nachhaltigkeit oder Verantwortung sprechen, dann stehen zunächst immer jeweils unsere ureigensten Geschäftsprozesse im Fokus. Diese sollen so gestaltet sein, dass sie diesen Anspruch einlösen. Wir haben ja gesehen, dass Ressourcenschonung nicht nur der Umwelt nutzt, sondern sich auch ökonomisch für das Unternehmen rechnet. Mit Blick auf die jährlichen Gewerbesteuerzahlungen sowie den Zahlungen an die Mitarbeiter und Lieferanten rechnet es sich übrigens auch für die Gesellschaft. Was heißt Verantwortung noch in Bezug auf soziale Nachhaltigkeit? Nun, dass es sich lohnt – in Zeiten des allgemeinen Fachkräfte- oder Arbeitskräftemangels nur umso mehr – in die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu investieren. In ein Arbeitsumfeld, in dem sie sich wohlfühlen, in ihre Gesundheit und in ihr Know-how.

C. Schröder: Wertschätzung und Wertschöpfung gehen Hand in Hand – das ist für uns keine Formel, sondern ein Erfahrungswert. Wir investieren beispielsweise seit jeher sehr stark in unsere Ausbildung und sind mit 800 bis 900 Azubis größer Ausbildungsbetrieb im ganzen Unternehmen – dafür erhalten wir regelmäßig bestens qualifizierte Fachkräfte der Zukunft, die uns auch langfristig die Treue halten. Ein anderes Beispiel ist der Wandel hin zur E-Mobilität, den wir bewusst mit unserer bestehenden Belegschaft angegangen sind und viele tausende Menschen in diesen Zukunftsbereich hineinqualifiziert haben. Wir haben bewusst den Kompetenzwandel unterstützt, dem Unternehmen so das erforderliche Know-how gesichert und Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern neue berufliche Perspektiven eröffnet.

Aber wie steht es um das Engagement jenseits des Werkszauns?

C. Schröder: Auch hier wollen wir ein guter Nachbar und Partner sein – und ein solcher bringt sich auch ein in die Gesellschaft und hilft mit wo möglich und nötig. Dabei ist unser Corporate Citizenship Engagement recht vielseitig: von Geld- und Sachspenden, einem gemeinsamen gemeinnützigen Verein mit der Stadt Dingolfing über Sponsoring-Projekten in den Bereichen Kultur, Sport und Bildung bis hin zu Fahrzeugüberlassungen oder Nachbarschaftsabenden.

S. Schmid: Dazu engagieren sich viele unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ehrenamtlich in sozialen Projekten außerhalb der Werkstore – und auch wir als Betriebsrat versuchen unseren Beitrag zu leisten.

Wie sehen Sie die Rolle von BMW in Niederbayern zukünftig – und was würden Sie sich für die nächsten 50 Jahre wünschen?

C. Schröder: In den vergangenen 50 Jahre sind der Erfolg dieses Werks und der Aufschwung der Region Niederbayern Hand in Hand gegangen. Niederbayern ist für BMW zur zweiten Heimat geworden. Ich würde mir wünschen, dass das so bleibt – und wir auch in Zukunft ein starker Partner hier in der Region sind. Mit innovativen Produkten, aber auch mit sozial und ökologisch zukunftsweisenden Konzepten.

S. Schmid: Im besten Fall zum Wohl von BMW, der Belegschaft und der Menschen hier vor Ort. Denn eine prosperierende Wirtschaft mit guten Arbeitsplätzen gehört zu einer lebenswerten Heimat auf alle Fälle dazu.

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